Entanglement, 1986

von John Obaso Diang’a

Speckstein H 18,4 x B 23 x T 11

  

 

Sucht man in deutschen Wörterbüchern nach einer Übersetzung des englischen Begriffs „Entanglement“, so findet man Wortbedeutungen, die einen in ihrer Vielfalt beinahe verwirren. Entanglement kann in der deutschen Sprache „verfangen“ oder „verheddern“ heißen, ebenso „Verwicklung“, „Verstrickung“ oder „Durcheinander“. Verwiesen wird auf den Begriff „emotional entanglement“, was mit „gefühlsmäßige Verwicklungen“ übersetzt wird. Man kann in eine Scheidungsaffäre verwickelt werden. Und schließlich kann sich auch ein Hosenbein in einer Fahrradkette verfangen.

Selbst wer sich nicht vom Werktitel leiten lassen möchte, gewinnt rasch den Eindruck, dass mit der kleinen Skulptur von Diang’a etwas nicht stimmt. Etwas hat sich verknotet, dessen Ursache wir nicht auf direktem Weg auf die Spur kommen. Was zum Knoten im Mittelpunkt der Skulptur führt, können wir nur erahnen, da die andere Seite des Steines zunächst einmal verborgen bleibt. Der Knoten hat sich gut in das Oval eingenistet, so, als gäbe es keine andere Form für dieses Höhlengebilde. Er erinnert an den „Nabel als Urform allen Seins“, wie er in den Plastiken von Hans Arp an Bedeutung gewinnt. Einerseits führt ein Schatten in ein dunkles, unbekanntes Nichts, andererseits öffnet sich ein Durchblick auf die Gegenseite des Steines, ohne Auskunft darüber zu geben, was sich wirklich dahinter befindet. Je nach Position sehen wir in ein helles Nichts oder in Weltenlandschaften, die wir ebenso wenig ergründen können. Es ist ein Durchblick wie durch ein einäugiges Teleskop. Wir glauben, die Welt zu erkennen, und sehen doch nur einen Ausschnitt.

Kunstwerk des Monats Juli 2012